Oberleutnant Siegfried Stichling

 

 

 

 

Siegfried Stichling wurde am 25. September 1921 in Magdeburg als Sohn eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs geboren. Nach Volksschule ab 1927 und Gymnasium in Magdeburg tritt er 1940 – drei Tage nach dem letzten Schultag – als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment 123 ein.
In Guben/Niederlausitz und in Posen erhält er die Grundausbildung. 1941 nimmt er ohne Feinberührung gehabt zu haben am Griechenlandfeldzug teil. Das Regiment kommt bis Saloniki, dann marschiert es im Fußmarsch auf dem gleichen Weg wie wenige Wochen zuvor nach Norden über Bulgarien und Rumänien bis Jassy an der rumänisch-russischen Grenze.
Am 22. Juni 1941 überschreitet es im Verband mit rumänischen Truppen die bessarabischen Grenze und kommt in teilweise schweren Kämpfen bis in die ukrainische Ebene nördlich von Odessa. Stichling ist Unteroffizier und Gruppenführer in der 9./IR 123 (Kompaniechef Oberleutnant Schroeter). Bevor die 50. ID Otschakoff/Odessa erreicht, wird er im September 1941 zur Kriegsschule Potsdam zur Offiziersausbildung abkommandiert. Als Leutnant kehrt er im April 1942 zum alten Regiment zurück, das zu dieser Zeit erst vor Sewastopol, dann zur Rückeroberung der Ostkrim (Parpatsch-Graben) im Einsatz ist, bevor es nach Sewastopol zurück marschiert.
Anfang Juni 1942 beginnt der Endkampf um die Festung Sewastopol, Stichling ist zunächst Adjutant im I./123 (Major Melzer). Durch die hohe Ausfallquote der Offiziere muss er schon nach wenigen Tagen die Führung der 1./123 übernehmen.
Am 09. Juni greift er entlang des „von-Choltitz-Weges“ mit dieser Kompanie in Richtung Panzergraben an, infolge des unübersichtlichen Geländes verlieren sich die Männer zum Teil, die Verluste auf deutscher Seite durch die sich aus Bunkern und Schützengräben tapfer wehrenden Russen sind hoch. Dennoch wird gegen Mittag die strategisch wichtige Wegegabel „von-Choltitz-Weg“/“Stephanusweg“ zusammen mit der 2./123 erreicht. Das zusammengefasste Feuer eines großen Teils der russischen Festungsartillerie richtet sich auf die beiden Kompanien, die sich in der Sohle des Panzergrabens in Deckung gelegt haben, den großen Geländegewinn aber halten können. Am nächsten Tag gelingt es, einen aus Süden angesetzten Flankenangriff der Russen abzuschlagen, ohne das am Vortag gewonnene Gelände aufzugeben. In den nächsten Tagen greift das I./123 wie auch die übrigen Einheiten der 50. ID weiter in Richtung Ssewernaja-Bucht an, der Eisenbahntunnel wird erreicht.
Stichling wird am 18. Juni verwundet und geht zum Tross zurück, wo er die nicht sehr schwere Handverwundung ausheilt. Er erhält das EK II, das Infanteriesturmabzeichen und das Verwundetenabzeichen sowie den Krimschild. Nach dem Fall von Sewastopol Anfang Juli 1942 wird er für wenige Wochen in den Stab von Hptm. Bärenfänger (III./123) versetzt, kommt jedoch schon bald wieder als Adjutant zum I./123, dessen Kommandeur inzwischen Hptm. von Bibra ist, zurück.
Im September 1942 wird er – wie viele Angehörige der Division – mit schwerer Gelbsucht in das Reservelazarett Nikolajew eingeliefert, in dem er 6 Wochen bleibt. Im November kehrt er direkt zu der gerade im Lufttransport an den Terek verlegten Division zurück und erhält den Auftrag, die Trosse des I./123 auf dem Landweg nachzuführen, wo sie Anfang Dezember eintreffen. Er findet wieder Verwendung als Adjutant I./123 bei Hptm. von Bibra. Zwei Wochen nach dem Anfang Januar 1943 beginnenden Rückzug der 17. Armee, in deren Verband die 50. ID kämpft, ereilt ihn infolge der Nachwirkungen der Gelbsucht ein körperlicher Zusammenbruch, er muss jedoch bei seiner Einheit bleiben. Hart vom Feind bedrängt, gelingt es ihm mit wenigen Männern einen Nachtangriff der Russen abzuwehren, wofür er das EK I erhält.
Nach beendetem Rückzug aus dem Kaukasus wird er zur Betreuung der Trosse des GR 123, die bereits auf die Krim gebracht wurden, eingesetzt. Die Führung hat Hptm. Krug. Im April endlich erhält er Erholungsurlaub, von dem er Ende Mai zum Regiment zurückkehrt.
Wieder als Adjutant im I./123 eingesetzt, erhält er bei den schweren Kämpfen im Kuban-Brückenkopf Ende Juni 1943 einen Granatvolltreffer auf ein Knie, das Bein wird dabei zerfetzt (er selbst nennt es militärisch amputiert), das andere Bein steckt voller Granatsplitter. Vier Wochen muss er nur 5 km hinter der Front liegen bleiben, weil sein Zustand keinen Transport erlaubt. Das andere Bein kann gerettet werden. So kommt er endlich Mitte August – 6 Wochen nach der Verwundung – in ein Heimatlazarett. Nach 1 ½ Jahren, Ende 1944, kann er das Lazarett verlassen, wird aber als aktiver Offizier weder aus der Wehrmacht entlassen, noch zum Studium beurlaubt.
Mit Wirkung vom 1. Juli 1943 wird er zum Oberleutnant befördert und erhält das Verwundetenabzeichen in Gold sowie den Kubanschild. Bei Kriegsende war er auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow im Bereich der Wehrertüchtigung mit der Ausbildung von 14- bis 16-jährigen Jugendlichen tätig. Oberstleutnant Erich Bärenfänger, der höchstausgezeichnete Bataillonskommandeur der deutschen Infanterie (III./123), war zu dieser Zeit Generalinspekteur der Wehrertüchtigungslager. Mit den Jungen wird er bei Genthin im Jerichower Land noch einmal in Kampfhandlungen sowohl gegen Amerikaner wie auch gegen Russen verwickelt. Es gelingt, die Jungen in Sicherheit zu bringen, er selbst entkommt russischen Kosaken im Raum Wittenberge. Nach Selbstentlassung erreicht er Ende Mai 1945 seine Heimat im Raum Magdeburg auf dem Ostufer der Elbe.
Im Oktober 1945 kann er sich an der Uni Jena immatrikulieren und beginnt ein Medizinstudium. Nach 1 ½ Semestern wird er jedoch seiner militärischen Vergangenheit wegen, vom Studium ausgeschlossen.
Im Sommer 1945 heiratet er, im April 1946 wird seine erste - von drei Töchtern - geboren. Da er von gehobenen Berufen in der DDR ausgeschlossen bleibt, geht er Ende 1946 nach Westfalen, wo er mehrere Jahre praktische Arbeit in einer Maschinenfabrik leistet. 1949 beginnt er ein Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule in Aachen, das er im Frühjahr 1954 mit dem Diplomhauptexamen abschließt. Es folgen verschiedene Tätigkeiten in Industriebetrieben im Ruhrgebiet wie auch in Hamburg, wo er in den letzten Jahren seines Berufslebens als Abteilungsleiter für Werksanlagenbau in einer großen Kupferhütte tätig ist. Seit 1982 ist er im Ruhestand und lebt in seinem Haus im Süden von Hamburg am Rand der Lüneburger Heide. Die Töchter sind inzwischen verheiratet, 6 Enkelkinder vergrößern die Familie.
Nach 48 Ehejahren verstirbt 1993 seine Ehefrau. Er lebt zunächst allein, heiratet 1997 eine verwitwete Ärztin und zieht zu dieser nach Ostfriesland.
Nach seiner Pensionierung übernahm er gleichfalls das Kassenwesen der Traditionsgemeinschaft der 50. ID, deren Vorsitzender der Hptm. (Wehrmacht) und Oberst (Bw) Karl-Otto Leukefeld war. Mitte der 90er Jahre übernimmt er von diesem die Nachfolge als Vorsitzender der TG. Er gibt 3 bis 4 mal im Jahr ein Mitteilungsblatt heraus und organisiert alle zwei Jahre ein Kameradentreffen in Göttingen. Im Juni 2005 übergibt er sein Amt in jüngere Hände – den nunmehrigen Vorstand der TG.

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