Ärmelband "Kurland"
Im Sommer begann im Norden der Ostfront jener Rückzug
der deutschen Truppen, unter Druck der vorstoßenden Sowjetarmeen, der zur
Bildung der sogenannten Kurland-Front führte. Nach der Versetzung des
Generalobersten Schörner, Mitte Januar 1945, als Oberbefehlshaber in den
Mittelabschnitt, führte zunächst Generaloberst von Vietinghoff für Kurze Zeit
die Heeresgruppe Kurland und dann Generaloberst Rendulic. Dieser wurde am
10.04.1945 durch den bisherigen Oberbefehlshaber der 16. Armee, Generaloberst
Hilpert abgelöst.
Unter den Befehl dieser Männer hielt die Heeresgruppe Kurland, in den 6
sogenannten Kurlandschlachten vom 27.10.1944 bis zum 08.05.1945 ihre
Stellungen.
Als Anerkennung erhielten die Angehörigen dieser Heeresgruppe, selbst noch in
den letzten Kriegstagen das Ärmelband "Kurland".
Über die Umstände der Stiftung dieses Ärmelbandes gibt es bis heute noch viele
Unklarheiten. Für die Heeresgruppe Kurland gab es ähnliche Vorraussetzungen
zur Stiftung eines Ärmelschildes wie für die bereits gestifteten Ärmelbänder
oder Armschilder. Dennoch zeigte sich der Oberste Befehlshaber, Adolf Hitler,
zunächst ablehnen im Bezug auf die Stiftung eines Ärmelbandes "Kurland".
Der Entwurf einer Stiftungsverordnung und der dazu gehörenden
Durchführungsbestimmung erfolgte wohl Mitte Februar 1945 beim Oberbefehlshaber
der Heeresgruppe Kurland, wie auch deren Übermittlung an das
Führerhauptquartier. Es gilt als gesichert das diese Entwürfe, ebenfalls im
Februar 1945, von der Adjutantur der Wehrmacht dem Oberkommando zur weiteren
Bearbeitung übersandt wurden. Bis heute ist jedoch der genaue Wortlaut der
Entwürfe wie auch des letztlich gebilligten Entwurfs unbekannt.
Bekannt ist lediglich folgender Entwurf eines Schreibens des Oberkommandos des
Heeres, PA/P5, vom 18.03.1945 an den Chef OKW/WZA Generalleutnant Winter mit
Bezug auf die Stiftung des Ärmelbandes "Kurland":
"Der Führer hat die Stiftung des Ärmelbandes
"Kurland" genehmigt. Entwurf der Stiftungsverordnung und
Durchführungsbestimmungen vom Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Kurland wird
OKW/WZA inzwischen von der Adjutantur der Wehrmacht beim Führer zugegangen
sein.
Im Nachgang hierzu wird anliegendes Muster eines Ärmelbandes, das der Führer
am 12.03.1945 in dieser Ausführung genehmigt hat, mit der Bitte um weitere
Veranlassung überreicht."
Die eigentliche Stiftung des Ärmelbandes erfolgte in der
Reichskanzlei in Zusammenarbeit mit der zum Führerhauptquartier gehörigen
Staffel PA/P5. Diese war nach Verlegung des Personalamtes, welches von Lübben,
nach Hannoversch-Münden und später nach Traunstein verlegte, in Zossen
verblieben. Der Unterzeichner des o.a. Schreibens vom 18.03.1945 war aber nur
bis Ende Februar 1945 in Zossen und hat demnach seine Unterschrift auf dem in
Zossen vorbereiteten Papier in Hannoversch-Münden oder schon in Traunstein
geleistet. Die Ausführungsbestimmungen sind vom Oberkommando der Wehrmacht am
29.03.1945 erlassen worden, laut eines Eintrages in einem Soldbuch, mit Bezug
auf "OKW vom 29.03.1945".
Als der Gedanke zur Schaffung des Kurlandbandes erstmalig auftrat, war es
klar, daß die Heimat (von der die Heeresgruppe Kurland abgeschnitten war) für
die Anfertigung nicht in Frage kam. Unmöglich ist es auch, hierfür Rohstoffe
aus der Heimat nach Kurland zu bringen. So tauchte also der Plan der
Selbstherstellung auf, ein Plan, der einfach klang, aber dessen Ausführung
zunächst auf große Schwierigkeiten stieß. Eine Plakette, ähnlich, dem
Demjanskschild, schied aus, weil weder Metall noch hierfür geeignete
Möglichkeiten zur Herstellung zur Verfügung standen.
Der Gedanke, ein Ärmelband aus Textilien aus eigenen Mitteln zu schaffen,
gewann bald Gestaltung, vor allem, da in Goldingen in einer Weberei der
einheimische Betriebsführer und sein erster Weber sich als Meister der
Improvisation zeigten. Ein Handwebstuhl stand ihnen zur Verfügung, der bei
weitem nicht ausreichte, um die Hunderttausende von Kurlandbändern für die
Wehrmacht zu liefern. Teile des Handwebstuhls bauten sie in einen mechanischen
Webstuhl ein. So konnte die Produktion erheblich erhöht werden und zum anderen
wurde das Problem für die besonders komplizierte Art des Einwirkens von
Schrift und Wappen gleichzeitig gelöst. Tag und Nacht wurde in der
kurländischen Weberei gearbeitet und in großen Stücken zu 36 Bändern verließen
die Erinnerungszeichen die Weberei.
Der zweite mühsame Arbeitsgang begann in Heimarbeit, Frauen saßen zu Hause und
gaben mit Schere und Nähmaschine dem Kurlandband seine endgültige Form. Die
großen Stücke wurden auseinander geschnitten und auf der Nähmaschine wurde
jedes einzelne Band eingesäumt.
Das Material zur Herstellung des Kurlandbandes erbrachte eine von allen
Soldaten mit großem Eifer betriebene Spinnstoffsammlung.
Die Frage, wer den Entwurf für das Kurlandband schuf, lässt sich leider nicht
beantworten. Als der Auftrag zur Anfertigung von Vorschlägen da war, lagen
auch schon viele Entwürfe vor. Der Entwurf eines silbergrauen, schwarz
durchwirkten Bandes, auf dem sich neben "Kurland" das Wappen des deutschen
Ritterordens mit dem Hochmeisterkreuz und das kurländische Wappen eingewirkt
wurden, fand den ungeteilten Beifall der für die Beurteilung zuständigen
Stellen. Die beiden Wappen sollten die Erinnerung an die Verdienste des
deutschen Ordens um die Kolonisation des im letzten kriege von deutschen
Soldaten zusammen mit ihren lettischen Kameraden verteidigten kurländischen
Raumes sinnvoll zum Ausdruck bringen.
Über die Vorraussetzungen gibt es ebenfalls bis heute kaum amtliche Nachweise.
Der IIa der Heeresgruppe erinnerte sich, das das Ärmelband an Soldaten
verliehen wurde, die nach September 1944 in Kurland gekämpft haben, und einen
Teil der 6 Kurlandschlachten mitmachten. Seiner Meinung nach wurde das Band
nur an die kämpfende Truppe verliehen.
Generalleutnant a.D. Gerhard Feyerabend, ehem. Kommandeur der 11.
Infanterie-Division, meinte sich zu erinnern, daß das Band an alle
Kurlandkämpfer verliehen wurde, die mindestens drei Monate in Kurland
eingesetzt waren. Dies wurde auch durch den IIa/IIb-Schreiber der 290.
Infanterie-Division, Oberfeldwebel Werner Fricke, bestätigt.
Hauptmann a.D. Werner Buxa erinnerte sich, das das Band an diejenigen
verliehen wurde, die mindestens an drei der sechs Kurlandschlachten
teilnahmen. Falls diese nicht zur kämpfenden Truppe gehörten, mussten sie sich
zumindest für mehr als 3 Monate bei den Versorgungstruppen in Kurland
aufgehalten haben.
Eine Verwundung in Kurland, entband den Soldaten davon, eine bestimmte Zeit in
Kurland gekämpft zu haben, um das Ärmelband zu erhalten. Major der Reserve
Ulrich v. Busekist erinnerte sich, das das Kurlandärmelband an alle Soldaten
der Heeresgruppe Kurland verliehen werden sollte, einschließlich OT, die eine
gewisse Zeit (3 Monate ?) in Kurland anwesend waren. Einzig verwundete
Soldaten waren davon ausgenommen.
Die Verleihungen des Bandes waren bei Kriegsende noch nicht abgeschlossen. Der
Adjutant der Heeresgruppe Kurland, Oberst a.D. Freiherr von Hahlberg erinnerte
sich, daß er Ende April 1945 die ersten Bänder in die Hand bekam und diese an
die Frontkommandeure weiterleitete. Sein Nachfolger Oberst a.D. Saint Paul
unterstrich dies durch seine Erinnerungen, das er nach seiner Ernennung zum
Adjutanten, am 20.04.1945, die ersten Ärmelbänder an die Kommandeure übergab.
Auch v. Busekist gab die selbe Aussage ab. Eingetroffene Bänder wurden sofort
an die Korps weitergeleitet. Nach seiner Erinnerung wurden weitaus mehr
Urkunden als Bänder verteilt, die den beliehenen Soldaten schnellstmöglich,
auch ohne Band, ausgehändigt werden mussten. Das Band sollte dann später
nachgeliefert werden.
Forstmeister Scheer, ehemaliger IIb der Heeresgruppe Kurland, bestätigte diese
Aussagen, da er selbst die Verleihungsbedingungen formulierte, wobei sich
diese eng an den Bestimmungen für das Ärmelband "Afrika"
anlehnten. Die Bedingungen waren seines Wissens nach:
1. Das Ärmelband "Kurland" wird im Namen
des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe Kurland verliehen
2. Das Band wird als Kampfabzeichen verliehen und darüber eine Besitzurkunde
ausgestellt
3. Die Verleihung ist an folgende Bedingungen gebunden:
a.) für die kämpfende Truppe Teilnahme an mindestens
drei Kurlandschlachten
b.) Verwundung bei einem Kampfeinsatz (welcher Grad der Verwundung ist
unbekannt)
c. )für die rückwärtigen Dienste (einschl. OT) ehrenvoller Einsatz von
mindestens drei Monaten im Bereich der Heeresgruppe Kurland, gerechnet ... ab
September 1944
Allerdings konnte Scheer nicht bestätigen, ob diese
Bestimmungen auch für Freiwilligen-Verbände galten. Auch er bestätigte die
Übersendung der ersten Bänder für Ende April 1945 an die kämpfende Truppe und
Schwerverwundete.
Die Verteilung der Bände verlief logischerweise ebenfalls mehr als
unterschiedlich bis gar nicht. Der Quartiermeister des X. Armee-Korps, Major
i.G. a.D. Nohn erinnerte sich, daß die Bänder beim Korps während der
Kapitulationsverhandlungen eintrafen. Er sandte sofort einen Kradfahrer von
seiner Quartier-Abteilung zur Führungs-Abteilung um die Bänder abzuholen,
dabei wurde diesem unterwegs, durch ein russisches Streifkommando, das Krad
abgenommen. Dennoch brachte er die Bänder zum Quartiermeister, der sie in
einfacher Form, ohne Urkunde, verteilte. Eine Eintragung ins Soldbuch erfolgte
seiner Meinung nach noch.
Werner Buxa sagte, das in der 11. Infanterie-Division zunächst die
Mannschaften und Unteroffiziersdienstgrade das Band erhielten. Die Offiziere
sollten zurückstehen.
Bei der 16. Armee und der 290. Infanterie-Division sind nachweislich weitaus
weniger Bänder ausgegeben worden. Letztlich dürfte eine Minderheit der ca.
250.000 Soldaten der Heeresgruppe Kurland das Band erhalten haben.
Generaloberst Hilpert überreichte Feldmarschall Schörner im Durchgangslager
217/1 das Band und der IIa der Heeresgruppe Freiherr von Hallberg übergab
einigen Offizieren die Bänder aus einem mitgebrachtem bestand, in den
Gefangenenlagern unmittelbar nach der Kapitulation. Ob dies im Generalslager
Tirksliai, oder schon in Krasnogorsk erfolgte ist bisher ebenfalls unbekannt.
Mitte Mai 1945 wurden in Schleswig-Holstein Teile der 11. Infanterie-Division
und 14. Panzer-Division gesehen, die, noch aus Kurland gerettet, das Band
trugen.
Das Band ist die letzte gestiftete Auszeichnung des 3. Reiches.