Deutsche Sanitätstruppen
in Friedenszeiten waren sie viel bespöttelt worden als »Pillendreher«,
»Aspirin« oder »Karbolsoldaten«, allzu bekannt war auch das
Spottlied vom Sanitätsgefreiten Neumann und seiner Wunderheilsalbe und
zahlreich waren die Witze über die Herren Stabsärzte, dann aber, als es ernst
wurde und der Krieg ausbrach, zogen sie mit der Truppe ins Feld, mit
Rot-Kreuz-Armbinden, Sanitätstaschen am Koppel, den Sanitätstornister auf dem
Rücken, den zusammengeklappten Tragen auf den Schultern, nur mit einer Pistole
08 zur Selbstverteidigung bewaffnet und je länger der Krieg dauerte und je
furchtbarer er wurde, desto mehr wurden Sanitätsoffiziere, Sanitätssoldaten
und Hilfskrankenträger zu den besten Kameraden des kämpfenden Soldaten,
allgemein geachtet und vom Landser anerkannt als seinesgleichen, unzählige
Soldaten haben ihn einmal schreiend, bittend, flehend in höchster Not und
unter größten Schmerzen ausgestoßen, den Ruf »Sani - Sani!«
»Sani« wurde zum Ehrennamen für den deutschen
Sanitätssoldaten, sie waren immer da, wenn sie gebraucht wurden, stets voller
Einsatzbereitschaft und mit dem festen Willen, unter allen Umständen zu
helfen, oft genug in vorderster Front, sie bargen mitten im feindlichen Feuer
die Verwundeten, schleppten sie zurück und leisteten noch auf dem Kampffeld
Erste Hilfe, Tag und Nacht waren sie unermüdlich als Fahrer der
Sanitätskraftwagen, allgemein nur »Sankas« genannt, unterwegs, um die
Verwundeten in das Hinterland abzutransportieren, wenn nötig, verteidigten sie
auch in Sanitätsstützpunkten und Sammelstellen die ihnen anvertrauten
Verwundeten mit den wenigen Handwaffen bei überraschenden Feinddurchbrüchen,
gleich ihnen arbeiteten Ärzte und Sanitätspersonal auf Truppen- und
Hauptverbandsplätzen und in Lazaretten vielfach unter den schwierigsten
Bedingungen, um Leben und Gesundheit der oft schwergetroffenen Landser zu
retten und ihre Schmerzen zu lindern, an Großkampftagen waren sie Stunde um
Stunde ohne jede Unterbrechung tätig bis zum Umfallen, erinnert sei hier nur
an den Arzt aus der 78. Infanteriedivision, der selbst schwer verwundet - auf
dem Truppenverbandsplatz seines Bataillons weiter seine Pflicht tat, bis auch
der letzte Verwundete versorgt war, erst dann ließ auch er sich
abtransportieren, die Ärzte sorgten auch in den kritischsten Lagen für einen
Rücktransport der Verwundeten oder begleiteten sie bei den Rückzügen und
gingen nicht selten freiwillig mit ihnen in Gefangenschaft, um dort weiter
nach Kräften und Möglichkeiten Hilfe zu leisten, so verdanken Hunderttausende
von Soldaten den deutschen Sanitätsdiensten des Zweiten Weltkriegs Leben und
Gesundheit
oberste Dienstbehörde der Sanitätsgruppen war der
Heeres-Sanitätsinspekteur, er war Vorgesetzter des gesamten Sanitätspersonals
im Heer und zwar sowohl in persönlicher wie fachlicher und disziplinarischer
Hinsicht, ihm unterstanden direkt der Hauptsanitätspark, die Nachschubzentrale
für sanitätsdienstliche Ausrüstung und die Militärärztliche Akademie
der höchste Sanitätsoffizier des Feldheeres war der
Heeresarzt beim Generalquartiermeister im OKH, er hatte die
sanitätsdienstlichen Angelegenheiten des Feldheeres zu regeln und verfügte
über eigene Heeres-Sanitätstruppen wie Heeres-Sanitätsabteilungen,
Krankentransportabteilungen und Kriegslazarettabteilungen, die
schwerpunktmäßig zur Verstärkung oder Ablösung der Armee-Sanitätsdienste
eingesetzt werden konnten, ab 1941 wurden von
Generaloberstabsarzt Handloser beide Ämter in
Personalunion übernommen
die Sanitätstruppen des Feldheeres waren unter normalen
Kriegsverhältnissen als ausreichend anzusehen, bereits jeder Zug hatte einen
Sanitäter, die Kompanie einen Sanitätstrupp unter Führung eines
Sanitätsdienstgrades, das Bataillon eine Sanitätsgruppe mit einem Unter- oder
Assistenzarzt, nach dem Regiment, von dem die Regimentsmusik als
Hilfskrankenträger (Verwundetenträger) und Pflegepersonal eingesetzt wurde,
kam die Division, die Infanteriedivision besaß meistens eine bespannte und
eine motorisierte Sanitätskompanie sowie eine Krankenkraftwagenkompanie, eine
Panzer- bzw. Panzergrenadierdivision, zwei motorisierte Sanitätskompanien und
zwei bis drei Krankenkraftwagenzüge, zahlenmäßige Abweichungen bestanden z. B.
bei Gebirgs- und Fallschirmdivisionen, außerdem verfügte jede Division noch
über ein Feldlazarett, die jedoch ab 1942
größtenteils zur Armee-Sanitätsabteilung abgegeben wurden
während das Korps nur eine geringe Anzahl von
Sanitätstruppen besaß, verfügte die Armee über eine große Zahl, dazu gehörten
in der Regel:
- eine Armee-Sanitätsabteilung mit Stab und einer
Gruppe beratender Sanitätsoffiziere (Chirurgen, Internisten, Pathologen
usw.)
- 6 Armee-Feldlazarette
- 2 Sanitätskompanien
- 6 Krankenkraftwagenzüge
- eine Kriegslazarettabteilung mit zwei mot.
Kriegslazaretten, zwei Leichtkranken-Kriegslazaretten, zwei gesonderten
Krankentransport-Abteilungen und einem Armee-Sanitätspark mit drei Zügen
waren im ersten Kriegsjahr beim Feldheer (ohne Luftwaffe
und Marine) erst noch 9100 Sanitätsoffiziere und 102.000 Mann Sanitätspersonal
eingesetzt, so waren es im vierten Kriegsjahr bereits 21.700 Sanitätsoffiziere
und 192.630 Sanitätssoldaten, von denen 17.034 Offiziere und 164.898 Mann
direkt bei der Truppe waren, alle Angehörigen der Sanitätsdienste standen
unter dem Schutz des Genfer Verwundetenabkommens von
1929 und trugen in den ersten Jahren deutlich sichtbar
Rote-Kreuz-Armbinden an den Uniformen, das Rote-Kreuz-Zeichen wurde auch an
Fahrzeugen, Gebäuden usw. angebracht, jedoch im Ostfeldzug meistens missachtet
und kam daher in Fortfall
wie sah nun der normale Ablauf der Verwundetenversorgung
aus, die Erste Hilfe mit Notverbänden, durch Abbinden usw. erfuhr der
verwundete Soldat durch Kameraden meist schon in der Kampflinie und ging dann
selbst oder wurde von anderen Soldaten - Sanitätern, Hilfskrankenträgern - in
Sammelnester gebracht, die sich an möglichst geschützten Stellen im Gelände
befanden, wo mehrere Verwundete zusammenkamen und von Sanitätern betreut
wurden, von hier aus kamen sie im Fußmarsch, Schwerverwundete auf Tragen, zu
den von den Bataillonen eingerichteten, einige Kilometer zurückliegenden
Truppenverbandplätzen, wo sie, zumeist unterfreiem Himmel, die erste ärztliche
Hilfe erhielten, die weitere Versorgung erfolgte nun durch die Division mit
ihren Sanitätskompanien zu je drei Zügen, der jeweils I. Zug
(Krankenträgerzug) half den Sanitätern und Krankenträgern der Truppe beim
Absuchen des Gefechtsfeldes und Bergen weiterer Verwundeter und brachte sie
alle zu dem etwa fünf bis acht Kilometer entfernten Hauptverbandsplatz (HVP),
der vom II. Zug (Hauptverbandsplatzzug) errichtet wurde
wo die normalen Transportmittel wie Bespannfahrzeuge und
Sankas nicht ausreichten, wurden auch jegliche andere Mittel, wie z. B.
Panjewagen, Träger, im Winter auch Schlitten und Akjas, eingesetzt, der III.
Zug stellte die Ergänzungsmannschaften für die beiden anderen Züge und hatte
zudem den Leichtverwundeten-Sammelplatz einzurichten
auf den HV-Plätzen, die in großen Zelten oder nach
Möglichkeit in Häusern eingerichtet wurden, fand die erste
fachärztlich-chirurgische Versorgung statt, wobei jeder Soldat auch einen
Zettel mit kurzen Angaben über seine Verwundung und die erste Behandlung
erhielt, von den HV-Plätzen erfolgte möglichst bald ein Weitertransport,
Leichtverwundete und gehfähige Soldaten kamen im Fußmarsch oder, von
Leerkolonnen mitgenommen, zu den Leichtverwundeten- und Krankensammelstellen
und dann - soweit ihre baldige Genesung und Rückkehr zur Truppe vorauszusehen
war - in sogenannte Leichtkriegslazarette im rückwärtigen Frontgebiet
Schwerverwundete wurden durch Sankas zu den mindestens 25
bis 30 Kilometer hinter der Front liegenden Feldlazaretten gebracht, wo sie
nun erstmals auf Strohsäcke oder in Betten gelegt werden konnten, in den
Feldlazaretten, die meist in Schulen, Krankenhäusern oder entsprechenden
größeren Gebäuden untergebracht waren und etwa 200 bis 300 Schwerverwundeten
für einige Zeit feste Unterkunft boten, fanden eine volle ärztliche Versorgung
und ausreichende Pflege statt, Nachteil dieser Feldlazarette bei der üblichen
beweglichen Kampfführung - Vor- oder Rückmarsch - war allerdings, daß sie sehr
häufig verlegt werden mussten
in der Regel konnten von den beiden Sanitätskompanien jeder
Division zwei HV-Plätze und ein Feldlazarett eingerichtet werden, von hier an
hatten nun die Krankentransportabteilungen der Armee die weitere Rückführung
und Verteilung der Verwundeten zu übernehmen, sie erfolgte durch Kfz-Kolonnen,
Lazarettzüge, Sanitätsflugzeuge oder Lazarettschiffe in die Kriegslazarette
der Armeen oder Heeresgruppen, Kriegslazarette, bei denen die Schwerpunkte der
ärztlichen Versorgung des Feldheeres lagen, hatten z. B. rund 500 Betten,
große Lazarettbasen konnten sogar 4000 bis 6000 Verwundete aufnehmen, hier
sollten Schwerverwundete und -kranke im allgemeinen so lange behandelt werden,
bis sie zur völligen Ausheilung in die Reservelazarette der Heimat
transportiert werden konnten, aus den Reservelazaretten entlassene Soldaten
kamen in ihren Ersatzeinheiten zu Genesenden-Kompanien, wo sie bis zu
neuerlicher Frontverwendung leichten Dienst taten
was insgesamt die deutschen Sanitätsdienste geleistet
haben, soll eine, einzige Zahl deutlich machen: Vom 1.
9. 1939 bis 31. 1. 1945 wurden (Feld- und
Ersatzheer) 4.146.000 verwundete Soldaten geborgen, versorgt, behandelt und
betreut
sie, die Ärzte, Sanitäter, Krankenträger und auch viele
Rote-Kreuz-Schwestern taten still ihre schwere Pflicht, doch groß war ihr
Opfermut, und so manche gaben Blut und Leben im selbstlosen Dienst an ihrem
Nächsten, so sind - um eine weitere Zahl zu nennen - vom
1. 9. 1939 bis 1. 6. 1944 von 2170 aktiven
und 20.126 Reserveärzten 1777 gefallen
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