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Unternehmen Bodenplatte

 

am 1. Januar 1945 - das letzte Jahr des Zweiten Weltkrieges hatte begonnen starteten kurz nach 07.00 Uhr auf vielen Flugplätzen Nordwest- und Südwestdeutschlands, von Bremen im Norden bis Stuttgart im Süden, 1035 deutsche Jagd- und Schlachtflugzeuge, es war dies die größte Streitmacht, welche die Luftwaffe in den letzten beiden Kriegsjahren geschlossen zum Einsatz hatte bringen können

der Auftrag für die zehn Jagdverbände, ein Schlachtgeschwader und zwei selbständige Jagdgruppen lautete an diesem Morgen: Angriff auf 27 alliierte Flugplätze in Belgien und Frankreich, dadurch sollten die britischen, kanadischen und amerikanischen Luftstreitkräfte in diesem Raum für die nächste Zeit ausgeschaltet werden

der letzte Großeinsatz der Luftwaffe galt weiterhin der Unterstützung der schwer ringenden Heeresgruppe "B", die seit dem 16. Dezember 1944 zur Offensive quer durch die Ardennen mit Ziel Antwerpen angetreten war, doch schon am dritten Kampftag hatte sich das bisher neblig-kalte Winterwetter derart gebessert, daß die alliierte Luftwaffe den Angriff der drei Armeen des Feldmarschalls Model zum Halten bringen konnte

das II. Jagdkorps unter Führung des Generalmajors Dietrich Peltz unterstützte zwar seit Beginn der Offensive die Erdtruppen, doch musste es angesichts der feindlichen Überlegenheit schwere Verluste hinnehmen, deshalb hatte sich das Oberkommando der Luftwaffe auf Anraten des Oberkommandos der Wehrmacht entschlossen, noch einmal alle verfügbaren Jagdfliegerverbände anzusetzen, um die alliierten Geschwader wenigstens für einige Tage lahmzulegen.

die Führer der Jagdfliegerverbände machten zwar das Oberkommando der Luftwaffe darauf aufmerksam, daß dieser Einsatz vermutlich erfolglos sein würde, doch Reichsmarschall Göring ließ solche Einwände nicht gelten und unterstellte die zum Angriff befohlenen Jagdgeschwader dem "General der Kampfflieger", den er zum Kommandierenden General des II. Jagdkorps ernannte

Generalmajor Peltz befehligte am 1. Januar 1945 somit die Masse aller Jagdfliegerverbände der Luftwaffe, Generalmajor Grabmann, Kommandeur der 3. Jagddivision, übernahm den Befehl über die Jagdgeschwader 1, 3, 6, 2 6, 2 7, 77, und die IV Gruppe des Jagdgeschwaders 54, Oberst Trübenbach hatte als "Jagdfliegerführer Mittelrhein" die Jagdgeschwader 2,4,11,53, die III. Gruppe/Jagdgeschwader 54 und das Schlachtgeschwader 4 unter sich, der "Inspekteur der Jagdflieger" wurde von Oberst Gollob vertreten, der zum Stab des II. Jagdkorps kommandiert war

der Befehl für die Verbände der 3. Jagddivision gipfelte in der Anweisung, von Holland aus durch einen Angriff von Norden her die belgischen Flugplätze anzugreifen und die dort am Boden stehenden Maschinen zu zerstören, die Geschwader des "Jagdfliegerführers Mittelrhein" sollten im Raum Aachen die Front überfliegen und die frontnahen Feldflugplätze der Amerikaner und Briten im Tiefflug attackieren, dem aus dem Raum Stuttgart startenden Jagdgeschwader 53 war der Flugplatz Freseaty bei Metz als Ziel befohlen worden

am frühen Morgen des 1. Januar 1945 standen folgende Einheiten der deutschen Luftwaffe für das Unternehmen "Bodenplatte" bereit:

  • Jagdgeschwader 1 (Oberstleutnant Ihlefeld) von den Flugplätzen Drone, Twenthe, Rheine

  • Jagdgeschwader 2 (Oberstleutnant Bühligen) von Ettinghausen, Marzhausen, Nidda-Altenstadt

  • Jagdgeschwader 3 (Oberstleutnant Bär) von Gütersloh, Lippspringe, Paderborn

  • Jagdgeschwader 4 (Major Michalski) von Babenhausen, Frankfurt, Darmstadt

  • Jagdgeschwader 6 (Oberstleutnant Kogler) von Delmenhorst, Bissel, Quakenbruck

  • Jagdgeschwader 11 (Oberstleutnant Specht) von Groß-Ostheim, Darmstadt

  • Jagdgeschwader 26 (Oberstleutnant Priller) von Fürstenau, Hesepe, Plantlunne; II./JG 26 vom Flugplatz Nordhorn/Klausheide

  • Jagdgeschwader27 (Major Franzisket) von Vorden, Hesepe, Achmer, Hopsten

  • Jagdgeschwader 53 (Oberstleutnant Bennemann) von Echterdingen, Kirrlach, Malmsheim

  • Jagdgeschwader 77 (Oberstleutnant Leie) von Dortmund, Bonninghardt, Lohausen

  • Schlachtgeschwader 4 (Oberst Druschel) von Wahn, Altenkirchen

    die beiden Gruppen des Jagdgeschwaders 54 waren den Jagdgeschwadern 4 bzw. 26 unterstellt

die beteiligten Geschwader waren in den letzten beiden Tagen von ihren bisherigen Einsatzhäfen auf die jetzigen verlegt worden, ohne daß die Piloten wussten, was sie dort sollten, lediglich die Geschwaderkommodores hatten versiegelte Befehle erhalten, die sie erst auf ein bestimmtes Stichwort hin öffnen durften, das Jagdkorps II gab am Nachmittag des Silvestertages das Stichwort Unternehmen "Bodenplatte" durch, jetzt erst erfuhren die Geschwaderangehörigen, daß sie am nächsten Morgen in aller Frühe zum Angriff auf 27 feindliche Flugplätze starten sollten

die Masse der 3. Jagddivision überflog gegen 08.00 Uhr bei tiefhängenden Wolken die deutsch-niederländische Grenze, da die hier stehenden Flak-Batterien von diesem Einsatz erstaunlicherweise nichts erfahren hatten, eröffneten sie auf die niedrig fliegenden Geschwader sofort ein heftiges Abwehrfeuer, die Kanoniere, die schon tagelang kein deutsches Flugzeug mehr am Himmel gesehen hatten, mussten daher annehmen, daß es sich bei diesen Scharen von Maschinen nur um feindliche handeln könne, so traten bereits die ersten schweren Ausfälle ein, bevor die Geschwader überhaupt am Ziel waren

den schwersten Verlust bedeutete der Abschuss des Obersten Druschel, Träger des Eichenlaubs mit Schwertern zum Ritterkreuz, er war einer der erfolgreichsten Schlachtflieger der Luftwaffe, hatte bereits tausend Feindflüge hinter sich und war einer der ersten Toten der Luftwaffe im Jahre 1945, seine Maschine, von der eigenen Flak getroffen, stürzte noch südlich von Aachen ab

unbeirrt flogen die Geschwader weiterhin auf ihrem Kurs dahin, es war ein Meisterstück, die Einheiten zusammenzuhalten, da für diesen Einsatz absolutes Sprechverbot erteilt worden war, das Jagdgeschwader 27 geriet über den Abschussrampen der V-Waffen in das Flak-Feuer der hier aufgestellten schweren Geschütze und hatte zahlreiche Verluste

der Angriff der einzelnen Geschwader verlief unterschiedlich, das Jagdgeschwader 1 " Oesau " war das einzige, das von der Nordsee her nach Belgien einfiel und die Flugplätze um Knokke, Meldeghem und St. Denis-Westrem angriff, das Geschwader konnte zirka 30 Feindflugzeuge zerstören oder in Luftkämpfen abschießen, verlor aber selbst 24 Maschinen und die beiden Gruppenkommandeure

das Jagdgeschwader 2 "Richthofen" verflog sich beim Angriff auf Antwerpen, es gelang nur wenigen Maschinen, bis zu den eigentlichen Zielen vorzudringen und diese anzugreifen, in Luftkämpfen mit amerikanischen Jägern verlor allein die I. Gruppe 16 Flugzeuge

das Jagdgeschwader 3 "Udet" war das erfolgreichste an diesem Tag, die Piloten des Oberstleutnants Bär vernichteten insgesamt 50 Feindflugzeuge bei 16 eigenen Verlusten, das Jagdgeschwader 4 dagegen geriet schon beim Anflug vor Löwen in schwerstes Abwehrfeuer und verlor 25 Prozent aller eingesetzten Maschinen, bevor überhaupt der Flugplatz erreicht worden war, das Jagdgeschwader 6 (früher ZG 26) wurde über Heesch von unbemerkt aufgestiegenen kanadischen Jagdgruppen gestellt und büßte 21 Maschinen ein, darunter jene des Geschwaderkommodores und der beiden Gruppenkommandeure, das Jagdgeschwader 11 geriet über Le Culot gleichfalls in Luftkämpfe mit britischen Jägern, zwar konnten elf Feindmaschinen abgeschossen werden, doch die eigenen Verluste - darunter der Geschwaderkommodore - wogen schwer, das Jagdgeschwader 27 hatte mehr Fortüne, es griff Brüssel-Evres an und konnte 123 Feindflugzeuge am Boden und im Luftkampf vernichten, 93 eigene Flugzeuge gingen beim Rückflug über die deutsche Grenze verloren, wobei 55 Maschinen durch eigene Flak zum Absturz gebracht wurden, das Jagdgeschwader 77 "Herzas" griff Bergen-op-Zoom und Deurne - nördlich von Amsterdam - an, ohne daß ein sichtbarer Erfolg errungen worden wäre, dagegen erzielte das Jagdgeschwader 26 ein besseres Ergebnis, es griff mit allen drei Gruppen kanadische Flugplätze bei Brüssel an und beschädigte mehrere "Fliegende Festungen", Schlacht- und Jagdflugzeuge, darunter befand sich auch die "Dakota"-Maschine von Feldmarschall Montgomery, das Schlachtgeschwader 4 griff mit seinen drei Gruppen gleichfalls Flugplätze im Großraum Brüssel an und unterstützte außerdem noch die 5. Panzerarmee vor der Maas, die Verluste des Geschwaders beliefen sich auf 25 Maschinen, darunter auch die des Obersten Druschel

das Unternehmen "Bodenplatte" hatte nicht den erhofften Erfolg, zwar war es den deutschen Fliegern gelungen, insgesamt 278 Feindmaschinen zu vernichten und 146 zu beschädigen, die eigenen Verluste betrugen aber 277 Flugzeuge, wovon allein 84 durch die eigene Flak abgeschossen worden waren, dieser "Aderlaß" bedeutete praktisch das Ende der deutschen Jagdfliegerwaffe, da die Ausfälle an Piloten und Maschinen nicht mehr ersetzt werden konnten, während der Nachschub auf der Feindseite ununterbrochen lief

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