Erste Einsätze der Brandenburger in Afrika

Erste Einsätze der Brandenburger in Afrika

Anfang 1940, ein Sonderkommando der Abwehr/Ausland, bestehend aus Wissenschaftlern, Geographen, Geodäten, Geologen, Mineralogen, Meteorologen und Straßenbauern, beginnt aus dem Raume Mittellibyen mit der militärischen Aufklärung in Nord- und Mittelafrika, das Codewort für dieses breit angelegte Unternehmen lautete »Dora«

im August dieses Jahres erhielt Abwehrstelle Münster den Auftrag, sämtliche karthographischen Unterlagen über Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten auszuwerten, die in den vergangenen Feldzügen aus Beuteunterlagen verfügbar waren

dieses Suchkommando erhielt Codebezeichnung Unternehmen »Theodora«, neben den deutschen Kartographen und Geographen, waren auch gefangene Offiziere der französischen Kolonialarmee eingespannt, die sich freiwillig gemeldet hatten, sie wurden heimlich auf einem Schloss im Rheinland zusammengezogen, wo sie ihren Kampf gegen wahrhaft gigantische Aktenbergen aufnahmen und manche wissenschaftlich-kriegsgeschichtliche Studie erarbeiteten, die für ein mögliches deutsches Eingreifen in Afrika von Bedeutung sein würde

nachdem die Wehrmacht mit dem Unternehmen »Sonnenblume« ihre Teilnahme am Kampf der Italiener gegen die Briten in Nordafrika am 12. Februar 1941 begonnen hatte, war auch die Zeit für den Einsatz verschiedenster Sonderkommandos gekommen, das Unternehmen »Dora« wurde nach der theoretischen Einstimmung in die Praxis übergeführt, die »Brandenburger« unternahmen Erkundungsvorstöße in der Grenzregion zwischen Libyen und Französisch-Zentralafrika, ihr Auftrag lautete: »Vervollständigung des vorhandenen Kartenmaterials«

die Patrouillen durchstreiften die Wüstengebiete, indem sie Pfade benutzten, die nur den Beduinen bekannt waren, ihre Weisung lautete, befahrbare Pisten für das Deutsche Afrika-Korps zu finden, die es ermöglichen sollten, den Gegner zu überflügeln und einzukesseln

im Januar 1941 wurde eine Patrouille der »Brandenburger« in die italienische Provinz Eritrea geschickt, sie sollte, falls britische Truppen ins Land eindringen sollten, deren Stärke erkunden und sich vor ihnen über die Grenze des von Italien annektierten Abessinien zurückziehen

zunächst war General Rommel ganz entschieden gegen den Einsatz von Agenten- oder Spezialeinheiten, die möglicherweise sogar in der Uniform des Gegners auftraten, als der Feind dann aber mit Spezialtruppen in den Kampf eingriff, war Rommel zu der Einsicht gelangt, dass Deutschland ebenfalls solche Einheiten benötigte

der Sonderverband 287, der in den Ruinenberg-Baracken in Potsdam aufgestellt wurde und seinen Stamm durch die 11. Kompanie des Regiments »Brandenburg« erhielt, wurde ebenso für den Einsatz in der Wüste ausgebildet wie eine weitere Einheit, der Sonderverband 288

Operationsgebiet für beide Verbände sollte die westliche Wüste sein, geplant war, dass sie bis zum Suezkanal vorstoßen und diesen für jenen Großverband offen halten sollten, der im Südabschnitt der Ostfront, durch den Kaukasus über Persien und den Irak bis dorthin vorstoßen werde, um so den Gegner in der Wüste in eine Zange zu nehmen, als die Briten am 4. April 1941 nach Addis Adeba eindrangen, kämpfte einer dieser Sonderverbände gegen die britischen Eindringlinge in einem für die Briten verlustreichen Gefecht, als die Engländer sich Massaua am Roten Meer näherten, versenkte ein weiteres Kommando einen italienischen Frachter, so das die Hafeneinfahrt gesperrt wurde

am 03. Mai 1941 wird ein als Forscher getarnter Agent auf Befehl von Oberst Piekenbrock mit 2 Begleitern  über Südlibyen in das Tibesti-Gebirge nach Französisch-Westafrika geschleust, um dort weitere Erkundungen für mögliche folgende Kommandos durchzuführen

die 13. Kompanie des Lehrregimentes »Brandenburg« z.b.V. 800 wurde ab Mitte 1941 in Brandenburg als Auffangbecken für die Aufstellung einer Tropen-Kompanie bereitgestellt, aus ihr wurde am 28. Oktober 1941 eine erste Halbkompanie unter Oberleutnant Friedrich von Koenen über Neapel nach Tripolis in Marsch gesetzt, die zweite Halbkompanie verlegte aus Brandenburg nach Bagnoli bei Neapel, sie sollte als Nachschubkompanie eingesetzt werden

der erste scharfe Einsatz der »Brandenburger« in Nordafrika erfolgte im Rahmen des Vorstoßes der Panzergruppe Afrika ab dem 22. Januar 1942 nach Osten, als die deutschen Spitzenverbände am 24. Januar die ägyptische Grenze erreichten, standen ganz vorn die Männer der »Brandenburger« unter Oberleutnant Bisping, über deren Einsatz jedoch nichts bekannt wurde

gleichzeitig mit der Gruppe Bisping drang in der Nacht zum 22. Januar ein weiteres Kommando unter Oberleutnant Konrad von Leipzig aus der Ortschaft Tarabulus in Libyen, wo es sich »in Araber verwandelt« hatte, über Garian und Mizda bis in die britische Garnisonsstadt Murzuk vor

hinter dem Rücken der britischen Truppen wurden Funkstationen eingerichtet, ein weiteres »Brandenburger«-Kommando baute im Januar 1942 in Gatron an der algerischen Grenze einen Feldflugplatz, um von dort aus zu Aufklärungsflügen in das Tibesti- und Tümmogebirge starten zu können

der Einsatz von Oberleutnant von Leipzig aus Tripolis in südlicher Richtung wurde mit einer beachtlichen Streitmacht von etwa 100 Mann angegangen, die mit erbeuteten britischen Lastwagen, darunter zwölf Selbstfahrlafetten mit 4 cm Bofors-Kanonen, ausgerüstet waren, hinzu kamen vier Jeeps mit Flieger-MG, ein Chefwagen, ein Funkwagen und jeweils ein Tankwagen für Benzin und Wasser, ein Instandsetzungstrupp unter einem erfahrenen Schirrmeister und ein Beuteflugzeug des Typs Spitfire gehörten ebenfalls dazu, das Flugzeug wurde von einem Hauptmann der »Brandenburger« geflogen

der Marsch sollte zunächst nach dem Fort Murzuk gehen, dem vorgeschobenen Wüstenposten der Italiener vor der gleichnamigen Stadt, von dort aus sollte Oberleutnant von Leipzig mit drei Stoßtrupps Erkundungs- und Kampfaufträge durchführen:

  • Stoßtrupp A unter Oberleutnant von Leipzig geht in Richtung Süden gegen das Tümmo-Gebirge vor, von dort erfolgt der Weitermarsch zum Tassili-Plateau, an dem die mutmaßliche britische Nachschubstraße entlangführte

  • Stoßtrupp B unter Feldwebel Stegmann klärt in Richtung Tibesti-Gebirge auf

  • Stoßtrupp C unter Leutnant Becker dringt nach Westen in Richtung Gath an der algerischen Grenze vor

nach zweiwöchiger Vorbereitung begann ein Unternehmen, im Zuge dessen die Männer eine Strecke von über 4000 Kilometern bewältigen sollten, es galt vor allem, den Materialnachschub der britischen Truppen auf dieser Route zum Erliegen zu bringen, auf der West-Ost Route, die im Westen im Golf von Guinea begann und quer durch Zentralafrika nach Port Said führte, lief ein ununterbrochener Strom an Versorgungsgüter der Briten

durch das Gebiet von Gafara südlich von Tripolis kam der Verband zunächst zügig vorwärts, es galt, befahrbare Pisten zu erkunden, Wasserlöcher ausfindig zu machen und weitere Erkundungen durchzuführen, viele Soldaten der Gruppe sprachen fließend englisch, einige arabisch, nach einer Wüstenfahrt von etwa 1000 Kilometer stieß die Fernspäh-Kampfgruppe auf jene Piste, die aus Misurata nach Hun und Socna führte, am Nachmittag dieses Tages wurde schließlich Murzuk erreicht, hier trafen sie Major Matteo Rinaldi, einen wüstenerfahrener italienischer Offizier, der noch mit Marschall Graziani am Feldzug gegen die Senussi teilgenommen hatte, er stand in dieser Garnison mit vier Italienern und 150 eingeborenen Kamelreitern an der Grenze des italienischen Kolonialreichs auf Wacht, Major Rinaldi verwies auf Gatrun, als die Frage des Feldflugplatzes erörtert wurde, Gatrun lag noch etwa 100 km südostwärts von Murzuk, da die Gegebenheiten dort günstig waren, gingen die Pioniere sofort an die Arbeit

die Erkundung begann mit dem geplanten Vorstoß der Hauptgruppe auf das Tümmo-Gebirge, Feldwebel Stegmann marschierte mit seiner Gruppe nach Tibesti und Leutnant Becker nahm Kurs nach Westen, auf Gath an der algerischen Grenze zu, die Basis wurde von Murzuk zum rasch entstandenen Feldflugplatz nach Gatrun verlegt, dort richtete sich auch die Funkstelle ein, der Instandsetzungstrupp und zwei Selbstfahrlafetten zur Sicherung des Platzes kamen hinzu

die Gruppe Becker erlebte auf ihrem Wege nach Ghat eine Piste, die diesen Namen - gelinde gesagt - nicht verdiente, außerdem galt es den Pass hinter Serde1es zu überwinden, als diese Ochsentour geschafft war, ging es zügiger voran, die Piste nach Wadi Tenezruft war unproblematisch, als die Gruppe das Wadi erreichte, an dem auch Ghat lag, trat ihnen ein Weißer entgegen, der jedoch in einer arabischen Burnus gekleidet war, seine ersten Worte lauteten: »Hummel Hummel! «, sie wiesen den Menschen als waschechten Hamburger aus, der aus der französischen Fremdenlegion getürmt und hier in Ghat gelandet war, dieser Hamburger war in der Lage, ihnen das gesamte Wüstengebiet südlich von Ghat zu beschreiben, das sie ja erkunden sollten, auf seine Hinweise hin unternahm die Gruppe Becker ihre Aufklärungsfahrten und stellte eine Karte von dem Gebiet südlich von Ghat her, als der Spähtrupp Becker nach Gatrun zurückkehrte, fanden die Männer hier ein richtiges Nachschublager vor, in das sogar Feldpost weitergeleitet worden war

Oberleutnant von Leipzig war mit seiner Gruppe bis ins Tümmo-Gebirge vorgedrungen, sie war bereits auf der ersten Passhöhe auf eine französische Streife gestoßen, die im Spähwagen durch die Wüste rollte, in ihrer Volltarnung als Engländer wurden die »Brandenburger« nicht erkannt, ein paar Grüße und gute Wünsche wechselten hin und her und schon ging es weiter

schwieriger war es bei Ghezedia, dort wurden sie gestoppt und erkannt, in einem kurzen Feuergefecht schoss der Gegner zwei Kraftfahrzeuge zusammen, die Männer konnten jedoch noch absitzen, auf die anderen Fahrzeuge aufsitzen und sich mit jenen absetzen, sie waren in ein gut getarntes französisches Truppenlager von de Gaulle-Truppen hineingerollt

weiterfahrend besetzte von Leipzig alle Pässe und Höhenzüge, von denen aus sie das gesamte Gelände beobachten und überwachen konnten, der Tümmo-Paß wurde besonders stark belegt

bliebe noch die Gruppe unter Feldwebel Stegmann, die über das Wüstendorf Aui zum Wadi Arahi am Fuße des Tibesti-Gebirges vorstieß und mit den dort lebenden Tibbu erste Kontakte knüpfen konnte

im Lager der Tibbu erfuhren sie, dass die Franzosen auch hier einen vorgeschriebenen Stützpunkt eingerichtet hatten und den südlich des Tibesti gelegenen Landstrich unter scharfer Beobachtung hielten, die »Brandenburger« erfuhren ferner, dass ein deutsches Kampfflugzeug vor sieben Monaten die Gamison Fort Lamy im Taschad angegriffen habe, es habe den Franzosen hohe Verluste beigebracht und seit dieser Zeit hätten diese ihre Truppen in Fort Lamy verstärkt und seien bis zum Fuße des Tibesti-Gebirges vorgedrungen, dabei seien von ihnen auch einige Bergspitzen besetzt und mit Beobachtungsposten belegt worden, über Funk wurde die Spitfire des Sonderverbandes in diesen Raum angefordert, als sie eintraf, hatte die Gruppe mit Hilfe der Tibbu einen schmalen Landestreifen freigeräumt, auf dem das englische Beute-Jagdflugzeug landen konnte, von hier aus unternahm Hauptmann Gerlach einige Erkundungsflüge, wie er sie vorher bereits von Gatrun aus gestartet hatte, er stellte fest, dass die niedrigeren Gebirgszüge südlich des Tibesti von französischen Truppen besetzt waren, in Bardai und Vur stellte er französische Stabsquartiere fest, seine Maschine wurde nie beschossen, weil sie mit englischen Hoheitskennzeichen und entsprechender Bemalung daherflog; und man sie schlicht für eine britische Spitfire hielt, die sie ja war...

vier Tage nach seiner Ankunft startete Hauptmann Gerlach zu einem Flug zum Tschadsee, dessen Süd- und Südostufer er erkundete, mit dem gleichen Ergebnis: Überall lagen französische Truppen

als Ergebnis dieser drei Vorstöße musste Oberleutnant von Leipzig melden, dass ein beabsichtigter Vorstoß von Gatrun in Richtung Zentralafrika - wie in Planung - nur mit starken motorisierten Verbänden in Stärke von mindestens drei Divisionen durchgeführt werden könnte, eine einzelne Division würde bereits am Tümmo-Paß scheitern, hinzu kommen müssten mindestens eine Kampffliegergruppe und eine Gruppe Jäger zu deren Schutz

damit war diese Planung gestorben, denn es stand ja nicht einmal für den nordafrikanischen Kriegsschauplatz eine weitere Panzer-Division zur Verfügung, die Rommel für dringend notwendig hielt, um den Gegner endgültig niederringen und als Sieger in Alexandria und Kairo einziehen zu können, Rommels Versuch, zum Nil durchzustoßen, musste im September-Oktober 1942 vor der Alamein-Stellung der Briten begraben werden und nach der britischen Gegenoffensive, die mit einem gewaltigen Feuerschlag am Abend des 22. Oktober 1942 begann, war auch dieser Traum ausgeträumt

die Tropen-Kompanie unter Oberleutnant von Leipzig musste aus Murzuk und dem Gebiet südlich davon bei Gatrun zurückgerufen werden, wenn sie nicht abgeschnitten werden sollte, sie verlegte in den Raum Tunesien, der nach den Landungen der Westalliierten bei Oran, Casalblanca und Algier am 8. November (Operation »Torch« = Fackel) ebenfalls zum Kriegsschauplatz geworden war

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